In den letzten drei Jahren hat der 3D-Druck Erstaunliches und Verrücktes hervorgebracht. Was früher wie Science-Fiction klang, wird heute in Mode, Architektur, Küche, Fahrzeugbau, Kunst und anderen Bereichen Realität – oft mit einem Augenzwinkern. Von gedruckten Kleidern, die Gedanken visualisieren, über Häuser aus dem Drucker bis hin zu ungewöhnlichen Gaumenfreuden aus der Düse: Wir nehmen Sie mit auf eine unterhaltsame Tour durch einige der kreativsten, überraschendsten und technisch ambitioniertesten 3D-Druck-Projekte der jüngsten Zeit. Machen Sie sich bereit zum Staunen – und Lachen!
Mode: Ein Kleid, das auf Gehirnwellen reagiert
Ein Blickfang mit Gehirn: Das “ScreenDress” hat sechs elektronische Augen, die je nach mentaler Aktivität ihre Iris weiten oder verengen.

In der Modewelt sorgt ein 3D-gedrucktes Kleid mit „eigenem Kopf“ für Furore. Das sogenannte ScreenDress der niederländischen Designerin Anouk Wipprecht sieht nicht nur futuristisch aus – es reagiert tatsächlich auf die Gehirnsignale der Trägerin. Am Kragen des weißen Kleides ragen geschwungene Halterungen mit sechs runden Displays wie große blaue Augen hervor. Über ein EEG-Stirnband „belauscht“ das Kleid die elektrische Aktivität im Gehirn und zeigt durch die animierten Augen an, wie hoch die mentale Belastung gerade ist. Ist die Trägerin gestresst oder hoch konzentriert, weiten sich die Pupillen – ist sie entspannt, verkleinern sie sich. Dieses „gedankenlesende“ Kleid ist nicht nur ein Kunstwerk zum Anziehen, sondern auch ein technisch ausgefeiltes Experiment: Entwickelt mit neuester Brain-Computer-Interface-Technologie und 3D-gedruckt aus speziellen Kunststoffen, demonstriert es, wie Mode interaktiv und wissenschaftlich sein kann. Und nebenbei zieht man mit diesem Outfit garantiert alle Blicke auf sich – schließlich schaut das Kleid frech zurück!
Architektur: Ein Haus in 24 Stunden – die kugelige Wohnkapsel
Rund und schnell gebaut: Dieses kugelförmige Tiny House in Japan wurde innerhalb eines Tages per 3D-Druck hergestellt.

Wenn es um Gebäude geht, denken viele an rechte Winkel und monatelange Bauzeiten. Nicht so in Japan: Dort hat das Unternehmen Serendix ein kugelförmiges Mini-Haus mit dem Spitznamen „Sphere“ in Rekordzeit gebaut. Die gesamte Betonstruktur dieser rundlichen Behausung – sie erinnert an ein überdimensionales Ei – wurde in nur 23 Stunden und 12 Minuten ausgedruckt. Das Ergebnis ist ein kompakter Raum von etwa 10 Quadratmetern, der trotz der geringen Größe alle wichtigen Merkmale eines Hauses aufweist. Die dicken, schichtweise gedruckten Betonwände verleihen der Kuppel Stabilität, die sogar den in Japan strengen Erdbebenstandards gerecht wird. Warum ein Haus als Kugel? Diese Form ist nicht nur architektonisch originell, sondern auch strukturell effizient. Ohne Ecken und Kanten verteilt sich die Belastung gleichmäßig, was das Gebäude robust macht. Zudem zeigt dieses Projekt eindrucksvoll, wie schnell und kostengünstig der 3D-Druck im Bauwesen sein kann – das gedruckte Häuschen soll nur ca. 3 Millionen Yen (unter 30.000 Euro) gekostet haben. Ein Hausbau über Nacht – hier wird der Spruch „Schaffe, schaffe, Häusle baue“ ganz neu definiert!
Lebensmittel: Ein siebenstöckiger „Käsekuchen“ aus der Düse
Schicht für Schicht zum Dessert: Dieser 3D-gedruckte Kuchen besteht aus sieben verschiedenen Zutaten, die akribisch übereinander gepresst wurden.

Auch in der Küche hält die 3D-Druck-Technologie Einzug – mit teils skurrilen Ergebnissen. Ein Forscherteam der Columbia University hat beispielsweise einen „Käsekuchen“ aus dem 3D-Drucker kreiert, der aus sieben Schichten besteht. Gedruckt wurde hier allerdings kein klassischer Cheesecake mit Frischkäse, sondern eine Dessert-Kreation aus verschiedenen süßen Pasten: Graham-Cracker-Teig, Erdnussbutter, Erdbeermarmelade, Nutella, Bananenmus, Kirsch-Gelée und Zuckerguss wurden nacheinander präzise aufgetragen. Was nach einer klebrigen Sauerei klingt, gelang den Ingenieuren tatsächlich: In etwa einer halben Stunde Druckzeit entstand ein ordentlich geschichtetes Kuchenstück. Um die Stabilität sicherzustellen – der erste Versuch sackte zusammen wie ein Kartenhaus – tüftelte das Team an der optimalen Reihenfolge und Dicke der Schichten. Die festeren Zutaten wie Teig und Erdnussbutter dienen nun als „Wände“ und Stützelemente, während weichere Komponenten wie Fruchtpüree in diesen essbaren Kammern eingeschlossen werden. Gekrönt wird das Ganze von einem rosa Zuckerguss-Topping. Zwar fehlt echten Cheesecake-Fans in diesem Experiment die Hauptzutat Käse, doch der Zweck heiligt die Mittel: Das Projekt demonstriert, wie 3D-Druck neue kulinarische Möglichkeiten eröffnet. Wer weiß – vielleicht drucken wir uns in Zukunft personalisierte Tortenstücke per Knopfdruck, passend zu unseren Nährstoffbedürfnissen und Geschmacksvorlieben. Bis dahin bleibt dieser gedruckte Kuchen vor allem eins: eine ausgefallene Nascherei für Technik-Gourmets.
Fahrzeuge: Die Rakete aus dem 3D-Drucker hebt ab
Bereit zum Start: Auf der Startrampe in Cape Canaveral wartet die überwiegend 3D-gedruckte Rakete „Terran 1“ auf ihren Abflug ins All.

Wenn es um schwere Technik geht, denkt man beim 3D-Druck vielleicht an Autoteile oder Drohnen – aber eine ganze Rakete? Genau das hat das US-Start-up Relativity Space gewagt. Ihre Trägerrakete namens Terran 1 besteht zu 85 % aus 3D-gedruckten Metallteilen, von der Außenhülle bis zu den neun Aeon-Triebwerken. Im März 2023 hob dieser futuristische Koloss (33 Meter hoch, 2,3 Meter Durchmesser) tatsächlich vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral ab. Drei Minuten lang zischte die Terran 1 in den Nachthimmel und erreichte dabei sogar den besonders kritischen Punkt des Fluges – Max Q, den Moment maximaler aerodynamischer Belastung. Zwar gelang es beim Testflug nicht ganz bis in die Umlaufbahn (die zweite Stufe zündete nicht ausreichend, so dass die Mission vorzeitig endete), doch historisch war der Start trotzdem: Die Terran 1 war die erste nahezu vollständig 3D-gedruckte Rakete, die es überhaupt ins All geschafft hat. Technologisch ist das ein Riesenschritt, denn große Teile der Rakete – sogar die komplexen Treibstofftanks und Motoren – wurden mit gigantischen Metall-3D-Druckern hergestellt. Der Vorteil? Schnellere Produktion und geringere Kosten im Vergleich zum traditionellen Raketenbau. Obwohl der Jungfernflug also mit einer Bruchlandung im Ozean endete, war die Mission ein Teilerfolg: Sie bewies, dass eine weitgehend gedruckte Rakete dem Stress eines Raketenstarts standhalten kann. Relativity Space arbeitet bereits am Nachfolgemodell Terran R, das noch größer und zu 90 % gedruckt sein soll – und wiederverwendbar dazu. Vielleicht entstehen die Trägerraketen der Zukunft tatsächlich aus dem Drucker, Schicht für Schicht in Richtung Mars.
Kunst: Goldene Reiterstatue – ein Kanzlerdenkmal aus dem Drucker
Ungewohnter Anblick: Eine goldglänzende Reiterfigur, erstellt im 3D-Druckverfahren, zeigt eine ehemalige deutsche Kanzlerin im Hosenanzug auf einem Pferd.

In der Welt der Kunst hat der 3D-Druck ebenfalls für Aufsehen gesorgt – manchmal mit humorvollem Unterton. Ein besonders skurriles Beispiel war die lebensgroße Reiterstatue einer deutschen Ex-Regierungschefin, die 2021 vor einem Museum in Bayern enthüllt wurde. Die Statue zeigt die Politikerin auf einem Pferd sitzend, ganz unprätentiös ohne Sockel, in ihrem typischen Hosenanzug und mit den Händen zur berühmten „Raute“ geformt. Das wirklich Außergewöhnliche daran: Gefertigt wurde diese Skulptur per 3D-Betondruck. In einem bisher einzigartigen Verfahren druckte eine Spezialfirma das 2,70 Meter hohe Standbild aus einem leichten, recycelten Betonwerkstoff – Schicht für Schicht, ohne Schalung und nahezu ohne Abfall. Das Ergebnis wurde nachträglich in Goldfarbe beschichtet und wog am Ende rund 1,5 Tonnen. Der Künstler Wilhelm Koch wollte mit diesem ungewöhnlichen Denkmal die Frage aufwerfen: Ist das nun eine Ehrung oder Ironie? – schließlich wirken klassische Reiterstandbilder eher monarchisch, während hier eine demokratische Politikerin ohne Prunk „einfach so“ auf dem Rasen sitzt. Die technische Umsetzung war jedenfalls so ambitioniert wie das Konzept selbst. Leider sollte die Geschichte dieser Statue so vergänglich sein wie eine politische Amtszeit: Nach knapp zwei Jahren im Freien zeigten sich Witterungsschäden, und im Herbst 2023 brach die gedruckte Figur in sich zusammen – ein vielleicht ebenso symbolträchtiges Ende wie das Werk selbst. Doch bis dahin bewies sie, dass 3D-Druck auch in der Kunst völlig neue Formen der Darstellung erlaubt. Wo sonst hätte man je ein Kanzler*innen-Denkmal aus dem Drucker gesehen?
Kuriosität: 3D-gedruckte Köttbullar zum Bewerbungsgespräch
Köstlich oder komisch? Ein 3D-Drucker beim Extrudieren eines veganen „Fleischbällchens“ – IKEA nutzte diese Idee für eine originelle Recruiting-Aktion.
Zum Abschluss noch ein leckerer Spaß aus der Kuriositäten-Küche: 3D-gedruckte schwedische Fleischbällchen! Ja, Sie haben richtig gelesen. Das Möbelhaus IKEA – berühmt für seine Köttbullar – wagte 2022 ein ungewöhnliches Experiment, um Tech-Talente für sich zu gewinnen. Unter dem Motto „Taste the Future“ lud IKEA Bewerberinnen und Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch der besonderen Art ein: Serviert wurden ihnen pflanzenbasierte Meatballs aus dem 3D-Drucker. In einem viralen Werbevideo war zu sehen, wie eine pastöse Masse Schicht um Schicht in Form eines Meatballs gedruckt wurde. Die eingeladenen Kandidaten bekamen dann tatsächlich so ein gedrucktes Bällchen mit etwas Kartoffelpüree auf minimalistischen Tellern vorgesetzt – ganz im schlichten IKEA-Stil. Die Reaktionen reichten von Staunen bis Gelächter: Wann hat man schon mal einen Drucker beim Kochen beobachtet? IKEA verfolgte damit einen cleveren Zweck: Der Tech-Welt sollte gezeigt werden, dass das Traditionsunternehmen offen für innovative Technologien ist und auch mal ungewohnte Wege geht. Und natürlich sprach die Aktion sich herum – die 3D-Meatballs machten Schlagzeilen und zogen tausende Interessenten an. Geschmacklich sollen die gedruckten Köttbullar übrigens „interessant“ gewesen sein (eine diplomatische Umschreibung, wie man vermuten darf). Diese Anekdote zeigt auf jeden Fall, dass 3D-Druck nicht nur ernsthafte Anwendungen hat, sondern auch für originelle Einfälle und PR-Gags taugt. Guten Appetit – oder wie man in Schweden sagt: smaklig måltid!
Ob High-Tech-Kleid, gedrucktes Traumhaus, futuristisches Dessert, Raketenstart, Kunstwerk oder Spaß-Projekt – die Welt des 3D-Drucks kennt offenbar kaum Grenzen. In den letzten drei Jahren haben Tüftler, Ingenieure und Künstler immer wieder bewiesen, dass man mit einem 3D-Drucker fast alles herstellen kann. Und oft sind es gerade die verrücktesten Ideen, die uns staunen lassen und zeigen, welches kreative Potenzial in dieser Technologie steckt. Man darf gespannt sein, welche gedruckten Wunder uns in naher Zukunft noch überraschen werden – langweilig wird es bestimmt nicht!